Positionen zur Technik, Technikentwicklung, Technikkritik …



Folgende Positionen lassen sich unterscheiden:

a) Technik an sich ist positiv, identisch mit dem Fortschritt der Menschheit. – Unglücksfälle, Katastrophen etc. sind auf menschliches Versagen zurückzuführen, das heißt durch den technischen Fortschritt selbst abzustellen, indem das Ziel ist, den fehlbaren Menschen durch die unfehlbare Technik zu ersetzen – aber im Sinne des Menschen … Beispiel: Atomkraft ist an sich unproblematisch und nur durch unsachgemäße Handhabung oder niedere Interessen (Atombombe, Krieg) problematisch.

b) Technik an sich ist negativ; Technikentwicklung konterkariert den Fortschritt der Menschheit. Technik wird hierbei als Prinzip des (menschlichen) Weltverhältnisses verstanden. Dazu gehört zum Beispiel auch die Kritik an der Vorstellung, die Technik für unfehlbar zu halten; das heißt: Kritik des Technikoptimismus, Kritik der Technik-Euphorie, Kritik der »Vergötterung« der Technik etc. – Der Mensch kann die Technik nicht beherrschen. Beispiel: Schon der Hammer ist ebenso problematisch wie die Atomkraft und verweist bereits auf das Problem der Technik.
Eine Variante davon: In der spezifischen, durch Technik geprägten Geschichte der Menschheit hat sich die Technik in ihrem Charakter verkehrt. Beispiel: Der Hammer ist eine Technik, die kontrollierbar ist; die Atomkraft allerdings zeigt die Differenz zwischen Herstellen und Vorstellen – sie ist an sich unkontrollierbar.

c) Es gibt keine Technik an sich; die Technikentwicklung ist ein Teil der geschichtlichen Dynamik. Sie ist eigentlich neutral, gleichwohl aber Ausdruck eines allgemeinen Fortschritts – zum Beispiel in Hinblick auf die Verbesserung der Lebensverhältnisse, Demokratisierung, Informationszugang etc. In der Technik spiegelt sich die tendenzielle Vernünftigkeit der Geschichte. – Beispiel: Zwar kann mit Atomkraft auch einiges zerstört werden, aber prinzipiell stellt sie einen Segen für den Menschen dar.

d) Die Technik ist in ihrer spezifischen Entwicklung von den allgemeinen Lebensverhältnissen und konkreten geschichtlichen Bedingungen abhängig, an sich allerdings erst einmal positiv (progressiv), das heißt sie stellt prinzipiell einen möglichen Fortschritt dar, der aber zum Beispiel durch die Ökonomie oder durch politische Interessen gehemmt wird – oder sogar ins Gegenteil umschlagen kann. Beispiel: Atomkraft im Kapitalismus ist problematisch und erst in einer sozialistischen Gesellschaft unproblematisch. Oder: Atombomben dienen eigentlich einer vernünftigen Politik der Abschreckung; erst in den Händen von Terroristen und Schurkenstaaten sind sie bedrohlich und gefährlich (also: das Technische selbst ist unproblematisch, nur die konkrete Anwendung ist ggf. problematisch).

e) Technik wird in ihrer konkreten Gestalt durch die gesellschaftlichen Bedingungen problematisch, und zwar in einem Maße, dass die Technik in ihrer Entwicklung selbst keinen Fortschritt mehr darstellt. Beispiel: Die Erkenntnisse der Kernphysik überhaupt zu nutzen, entspricht einer Logik der Moderne (des Kapitalismus), die insgesamt die Technik in eine Richtung bringt, die jeder Möglichkeit der Befreiung entgegenläuft; das heißt: in einer befreiten Gesellschaft wird es eine völlig andere Technik geben (oder geben müssen). Beispiel: Atomkraft ist in einer emanzipierten Gesellschaft undenkbar.
Zusatz bzw. Variante: Gleichzeitig hat die Technik der Moderne schon soviel Schaden angerichtet (Naturzerstörung), dass allerdings weiterhin die bestehende Technik genutzt werden muss, um die von ihr angerichteten Schäden zu reparieren. Beispiel: Die Folgen der Nutzung der Kernenergie werden die Menschheit, sofern sie nicht zugrunde geht, noch die nächsten Jahrzehntausende beschäftigen; es sind dies Schäden, die wahrscheinlich nur mit der Atomkraft selbst gebannt werden können …
Zusatz: Technik ist ohnehin ein viel zu vager Begriff, um damit gleichzeitig alle konkreten technischen Erfindungen und die abstrakte Dynamik des Technischen zu fassen; gleichwohl sind aber Tendenzen erkennbar, die etwa auch für die begriffliche Generalisierung und Hypostasierung der Technik verantwortlich sind. Die Kritik gilt dabei nicht der Technik an sich, sondern der technologischen Rationalität; die Kritik ist immanente Kritik. Beispiel: Atomkraft ist nicht erst problematisch, wenn es zu Aus- und Unfällen kommt, sondern problematisch ist allein schon ein als vernünftig legitimiertes »Denken«, das Kraft seiner rationalen Logik eine Entwicklung in Gang setzt, die zwangsläufig bei der Atomkraft landet.



Allen Positionen (die hier nicht im Konjunktiv dargestellt sind, um eine Wertung zu vermeiden) ist gemeinsam, dass sie einen dezidierten und reflektierten Begriff der Technik voraussetzen (auch wenn nicht alle Positionen über einen solchen Technikbegriff verfügen).



Diese Positionen, die in der (durchaus vielfältigen) Nutzung der Atomkraft freilich ein sehr anschauliches Beispiel finden, wären nun in Hinblick auf wesentlich abstraktere Komplexionen der Technik und Technikentwicklung zu diskutieren: In welchem Verhältnis stehen Technik und Computer, Netzwerke und Numerikmaschinen, technologische Rationalität und die Kalkulationsprozesse? Gleichzeitig wäre aber auch immer wieder zu diskutieren, in welchem maße Technik oder technische (technifizierte) Prozesse und Prozeduren in die menschlichen Lebensverhältnisse eingreifen, schließlich inwieweit es möglich und wirklich ist, dass ›die Technik‹ oder ›das Technische‹ sich zum Beispiel in unserem Bewusstsein sedimentiert (als Bewusstseinsform?).

Ent/Körperlichung

Mit seinem Science-Fiction Roman "Neuromancer" (1984) prägte Gibson den Begriff des Cyberspace: ein Computernetzwerk, in dem die Benutzer als komplett entkörperlichte rein mentale Existenzen erscheinen, die sich datenspeichernd und -verarbeitend frei durch die virtuellen Welten bewegen. Auch Michael Heim begreift Cyberspace als den Ort, in dem "minds" miteinander und in größtmöglicher Übereinstimmung verbunden sind, und dabei nicht den Beschränkungen und Notwendigkeiten des physisch anwesenden Körpers unterliegen: "Cyberspace is Platonism as a working product. The cybernaut seated before us, strapped into sensory-input devices, appears to be, and is indeed, lost to this world. Suspended in computer space, the cybernaut leaves the prison of the body and emerges in a world of digital sensation."(Heim). Die Prothesen, derer sich der physische Körper im Cyberspace mit den technischen Möglichkeiten zu bedienen sucht, feiert Gibson als den Ausgang des Menschen aus seiner zwanghaften Körperlichkeit. Der physische Körper als Mittel zum zur-Welt-Sein scheint hier überflüssig zu werden. Und sogar "sensations" wie sie vor allem mit körperlichen Vorgängen verbunden werden, finden hier ausschließlich auf mentaler Ebene im virtuellen Raum statt. Ist dies die vielbeschworene Befreiung des Geistes von den Zwängen des Körpers? Ist damit das cartesische Ideal von der Trennung von Geist und Körper durch die EntKörperlichung im und durch den Cyberspace erfüllt?

Abgesehen davon, dass ich das cartesische Ideal für keineswegs erstrebenswert halte, nimmt diese Sichtweise mit der völligen Verneinung der tatsächlichen physischen Existenzen der jeweiligen "minds" eine unhaltbare Reduktion auf das rein Mentale, auf den logos und damit dessen Überhöhung vor. Diese Vorstellung arbeitet der Utopie zu, den Cyberspace als einen Ort zu sehen in dem anonyme Identitäten miteinander in Verbindung stehen, deren Interaktionen nicht länger von körperlichen Konzepten wie beispielsweise Geschlecht und Rasse bestimmt werden. Denn auch diese "minds" als Datenverarbeitungsmaschinen, visualisiert durch Pixel-Avatare und scheinbar losgelöst von körperlichen Kategorien wie Geschlecht und Rasse, sind in physisch anwesenden Körpern begründet.

Unter Zuhilfenahme Merleau-Pontys Gedanken zur Notwendigkeit der Anerkennung der Verschränkung von Körper und Geist und damit zum Aufbrechen des Cartesischen Dualismus mit seiner Vorrangigkeit des cognito, öffne ich eine, die Körperlichkeit einbeziehende, Perspektive auf den Cyberspace. In seiner "Phänomenologie der Wahrnehmung“ wählt Merleau-Ponty einen die Welt beschreibenden Ansatz, der, auch in Anlehnung an Husserl, einen Rückgang zu den Sachen selbst fordert, und verlangt, die Welt unter Zuhilfenahme unserer unmittelbarsten und ursprünglichsten Erfahrungen zu beschreiben. Das einzige Mittel, was uns zur Verfügung steht um zur Welt zu sein und uns in ihr verorten zu können, ist unser Körper, der, weil er aus dem selben Stoff besteht, wie die Dinge, ein Ding unter den Dingen ist. Wahrnehmung und auch Wissensproduktion geschieht für Merleau-Ponty immer auch durch das unmittelbare körperliche Erfahren, was nicht vom Geistigen oder vom Denken getrennt ist. Vielmehr seien diese beiden Erfahrungsweisen lediglich bestimmte Ausprägungen ein und desselben Zusammenhangs. Der Mensch müsse als doppelblättriges Wesen verstanden werden, das nicht nur Geist oder nur Körper ist, sondern erst durch das Zusammenspiel dieser beiden Aspekte und deren Reversibilität Welterfahrung möglich macht.

Also muss auch der Cyberspace als ein auch in der Körperlichkeit der Benutzer verwurzeltes Erfahrungsfeld gedacht werden. Die von Netzwerk- und Medientheoretikern vertretene Sicht auf die Relationalität in der virtuellen Welt, das Verbinden und Verknüpfen, kann nur vor dem Hintergrund tatsächlicher körperlicher Menschen gesehen werden, die zwar losgelöst im Cyberspace zu schweben scheinen, aber nur durch ihre körperliche Fundiertheit in der Welt auch virtuell überhaupt erst in Verbindung mit anderen treten können.

Von einer Entkörperlichung, oder Befreiung vom Körper durch die dem Cyberspace eigenen Erfahrungsmodi kann also nicht gesprochen werden.

Gibson: Neuromancer. 1984

Heim: The Metaphysics of Virtual Reality. Oxford University Press. 1993

Merleau-Ponty: Phänomenologie der Wahrnehmung. Walter de Gruyter. 1966.

Digital Natives und Digital Immigrants

Digital Natives und Digital Immigrants

Wenn es um das Internet geht und die seit Beginn der PCs entstandene Kultur rund um das digitale Netz, wird oft zwischen einer sogenannten „analogen Realität“ und einer „virtuellen Realität“, also dem Cyberspace unterschieden. Die „analoge Realität“ bezeichnet in diesem Falle den gesellschaftlichen Alltag von Familie, Sport bis Arbeit, Bildung und Freundschaften etc. Der „Cyberspace“ bezeichnet alles, was durch die Nutzung des Computers im Zusammenhang mit dem Internet passiert. So werden diese Begriffe im Jargon verwendet. Betrachtet man jedoch die Akteure des sog. Cyberspace, kann man starke Unterschiede im Gebrauch und der Sinngebung des digitalen Netzes feststellen. In der Welt der Digitalen Medien werden die Nutzergruppen in bspw. zwei Gruppen unterteilt. Eine Gruppe machen die „Digital Immigrants (DI)“ aus, die anderen sind die „Digital Natives (DN)“ in der Welt des „Cyberspace“. Als Digital Natives werden die Personen bezeichnet, die nach 1980 "direkt in das digitale Zeitalter hineingeboren wurden"[1]. Die Digital Immigrants bezeichnen in der Theorie die Personen, die erst in einem späteren Lebensabschnitt als der Kindheit den Gebrauch von PCs und Cyberspace kennenlernten.[2] Als Ursprung der Begriffe gilt der Artikel Digital Natives, Digital Immigrants in der Zeitschrift On The Horizon, 2001 von Marc Prensky. In dieser Definition existiert jedoch kein Begriff für die Personen, die in der Übergangsphase groß wurden, in der sich der alltägliche Gebrauch des Cyberspace erst allmählich aufbaute. In dieser Zeit bekamen Privathaushalte Computer und einen immer schneller werdenden Internetanschluss. Der Gebrauch der digitalen Medien wurde erlernt, in den Alltag integriert und stets optimiert. Es begann eine Entwicklung, die nicht stillsteht und die den Alltag vieler Menschen auf der Welt verändert hat und auch in Zukunft noch stärker verändern wird. Verhaltensweisen und Denkmuster haben sich nachhaltig gewandelt. Globalisierung und Beschleunigung sind Teile dieser Umstrukturierung des Alltags. Und nun kommen wir auf die Definition der DN, also der „digital Eingeborenen“ zu sprechen. Die Definition hinkt an den Punkten, an denen gesagt wird, dass die DN in die digitale Welt hinein geboren worden sind. Das stimmt so nicht. Sie wuchsen auf, als sich der Cyberspace allmählich aufbaute, erweiterte und etablierte. Aber die nach 1980 geborenen würde ich weniger als DN bezeichnen, als die Kinder und Jugendlichen, die aufgewachsen sind, als ihre Eltern schon Handys besaßen und einen aktiven E-Mail-Account. Kinder die ihre Cousins in Australien über Skype anrufen und sie durch eine Webcam sehen können und für die es keine Besonderheit ausmacht. Schüler die sich regelmäßig bei SchülerVZ schreiben und Klamotten oder Gegenstände über das Internet bestellen. Oder diejenigen, in deren Schulalltag digitale Lernspiele und Lernforen gehören.

Die wirklichen DNs sind die Kinder und Jugendliche, die sich regelmäßig bei Eltern und Freunden per Handy melden und den Eltern dabei behilflich sind, einen E-Bay-Account für den Verkauf ihrer ausgedienten Spielsachen einzurichten. In öffentlichen Verkehrsmitteln begegnen einem immer mehr Kinder, die mit einem Smart-Phone herum spielen - und sei es das der Mutter- mit sog. Game-Apps (Applikationen). Der Aspekt, der sie zu DNs macht, ist nicht der Besitz eines Smartphones oder Handys, sondern ihre Fähigkeit, mit so einem technischen Gerät umzugehen. Viele Erwachsene haben noch Schwierigkeiten mit der Bedienung von Handys oder dem Netz. Das beginnt bei der Unfähigkeit SMS zu schreiben, geht über das Problem, Computerprogramme oder Drucker zu installieren bis zum Unverständnis des Touchscreen bei den sog. Smartphones. DN bedienen ein modernes Gerät ganz selbstverständlich, installieren Geräte ohne in die Gebrauchsanleitung zu schauen und können mit einem Computer intuitiv umgehen.

Die Entwicklung der digitalen Technik geht immer schneller voran. Um auf dem aktuellen Stand zu bleiben, sollte man sich davor hüten, den neuen Entwicklungen passiv gegenüber zu stehen. Die DN werden den DI gegenüber immer im Vorteil sein, wenn es um Computer und den Cyberpace geht. Aber je nach persönlichem Interesse der DN wird jeder die unterschiedlichen Weiterentwicklungen mitnehmen oder nicht.

Entgegen der Meinung vieler stellt das Internet oder der Cyberspace für die Nutzergeneration der „Digital Natives“ keinen anderen Raum dar, als die sogenannte Realität. "Anstatt ihre digitale und ihre reale Identität als zwei separate Erscheinungen zu betrachten, verfügen sie lediglich über eine einzige Identität (die in zwei, drei oder mehr verschiedene Umgebungen vertreten ist)."[3] Die Tätigkeiten der Digital Natives im Internet liegt über die Hälfte im Bereich der Kommunikation.[4] Der geographische Raum, in dem sich DN körperlich bewegen, wird durch die Bewegung (das surfen) im Internet ergänzt. Entgegen vieler Befürchtungen ersetzt die digitale Kommunikation nicht die Treffen mit Freunden in der räumlichen (statt der digitalen) Realität. Auch wird im Alltag immer noch mit dem Telefon kommuniziert und ebenso ganz klassisch persönlich. Die Ängste um böswillige Personen, die die Anonymität des Internets nutzen, um sich als jemand anderer auszugeben und damit andere Nutzer zu täuschen ist zwar ernst zu nehmen, aber mehr auf die Digital Immigrants als auf die Digital Natives zutreffend. Die DN treffen sich im Netz mit den gleichen Personen wie im Alltag. Ihre Kommunikation wird durch das Internet um Filmchen, Musikaustausch und private Chats ergänzt. Das Mädchen muss den Jungen in der Schule nicht vor den Augen der Mitschüler nach einem gemeinsamen Ausflug ins Kino fragen, sondern kann das in einer persönlichen Nachricht bei SchülerVZ machen, ohne sich vor den anderen bloß zu stellen. Es müssen schon negative Aspekte und Umgänglichkeiten im Alltag vorhanden sein, damit sich ein DN in die Welt des sogenannten „Cyberspace“ flüchtet und nur noch dort kommuniziert oder unterwegs ist. Sei es durch Chats, Spiele oder „Social Networks“. Diese Faktoren, welche einem das Leben, besonders in den Jugendjahren, in der Gesellschaft erschweren und einen nach einem Fluchtort suchen lassen, führen dazu, dass der Cyberspace zum einzigen Raum der Bewegung wird. In so einem Fall hat er eine ähnliche Funktion für die Person, wie für andere Vereine, Religionsgemeinschaften oder sonstige Gemeinschaften, in denen man ernst genommen wird und somit Rückhalt bekommt. Wenn sich also ein DN in die „World of Warcraft“ zurückzieht, ist das für ihn seine angenehmere Realität. Wenn daraus folgt, dass beispielsweise der 14 jährige Jochen nur in seinem Zimmer sitzt, sich nicht für andere Kinder interessiert und auch nicht für die Schule, ist das sehr bedauerlich. Ihm fehlt der körperliche Umgang mit anderen und die Konfrontation mit der Welt, in die er früher oder später zurückkehren muss und darauf sollte er sich vorbereiten. Aber außer als Zufluchtsort ist der Cyberspace auch für Personen nützlich, die mit beiden Beinen im Leben stehen. Für sie kann das Netz als Informationsquelle dienen, als Entertainer und als Ort der kreativen Tätigkeiten. Für viele dient das Netz auch als Ort der Selbstdarstellung. Der Cyberspace hat die Leben der Digital Immigrants und Digital Natives grundlegend verändert und es bleibt abzuwarten, wie die Zukunft für die Kinder der jüngsten Digital Natives aussehen wird. Für die kommenden Generationen wird die Bezeichnung als „born digital“ mehr und mehr zutreffend sein.



[1] vgl. PALFREY, John, GASSER, Urs 2008: Generation Internet. Die Digital Natives: Wie sie leben/Was sie denken/Wie sie arbeiten. S 1

[2] vgl. PALFREY, GASSER: Generation Internet. S 4

[3] zit. PALFREY, GASSER: Generation Internet. S 4/5

[4] vgl. TULLY, Claus 2009: Multilokalität und Vernetzung. S 59/60

etzung. S 59/60

Second Life - Was ist Realität?

Da sitze ich neulich in der Kneipe und trinke mein Bier und mir gegenüber setzt sich ein Herr Mitte 30. Wir kommen langsam ins Gespräch und er erzählt mir, dass er Geschäftsmann sei. Marc vertreibt Dessous und erzählt, dass es ein sehr ertragreiches Geschäft sei. Haus, Auto und Urlaube in ferne Länder könne er sich leisten. Bis zu 1.000 Linden-Dollar könnte man für ein Dessous bekommen, das würde sich summieren. Linden Dollar? Ich wurde stutzig: Marc hieß eigentlich Heinz und war im realen Leben Hartz 4 Empfänger. Seine Realität projiziert er jedoch mittlerweile im Second Life.

Anekdoten wie diese hört man mittlerweile des Öfteren. Ob nun Jugendliche, die in computerbasierten Parallelwelten oder online Spielen wie WOW leben, oder Senioren, die sich ein Taschengeld hinzu verdienen. Das virtuelle Leben der unendlichen Möglichkeiten zieht viele in seinen Bann. Doch was ist eigentlich Second Life?

SL, wie Nutzer das System nennen, ist eine Online-3D-Infrastruktur, in der Menschen durch Avatare interagieren. Das System wurde von der Firma Linden Lab entwickelt, ist seit 2003 verfügbar und unterhält derzeit knapp 23 Millionen Benutzerkonten. Die Software ermöglicht dem User durch Werkzeuge eine eigenständige Gestaltung des Avatars und bietet durch Chaträume und ähnlichem die Kommunikation mit Gleichgesinnten. Der reale Umgang mit Personen und Einrichtungen wird so in eine virtuelle Welt online reproduziert. Die Avatare kommunizieren, handeln und spielen dabei wie im realen Leben miteinander. Des Weiteren können Personen oder Unternehmen virtuelle Dienstleistungen anbieten und Waren verkaufen. Das virtuelle Ich des Users kann seine Welt so nach individuellen Vorlieben einrichten und erweitern, aber auch kulturelle Institutionen, wie zum Beispiel ein Livekonzert, besuchen. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden haben in 2007 unter medialem Aufsehen ihre Gemäldegalerie Alte Meister als virtuelles Museum in SL veröffentlicht, welches man gegen ein Eintrittsgeld besuchen kann. Die Kulturvermittlung ist damit in ein neues digitales Zeitalter gestartet. Weithin wird Second Life auch für Spiele wie Ego-Shooter genutzt. Praktisch angewandt wird es in Unternehmen, die hier Online Meetings abhalten und so virtuell, aber durch die Avatare „persönlicher“ kommunizieren. Auch als E-Learning Plattform wird SL immer stärker genutzt.
Der Clou des Systems ist die Einbindung einer Währung in Form von Linden-Dollars, welche in Realwährungen transferiert werden kann. Dies ermöglicht das virtuelle Handeln im realen Wirtschaftskreislauf, so dass auch immer stärker Unternehmen ihre Produkte in SL anbieten und vertreiben. So vermarktete Adidas einen neuen Schuh zunächst exklusiv über Second Life und der Axel Springer vertrieb von 2006 bis 2008 die Zeitung AvaStar1. Doch auch Privatnutzer können durch Erstellung und Verkauf von Objekten Geld verdienen. Auch Dienstleistungen, wie als DJ auf Partys oder sexuelle Dienstleistungen, werden über das System vertrieben.

Und genau hier liegt eine große Gefahr und Schwachstelle von Second Life. Zwar wird von Linden Lab versucht, Jugendliche nur in begrenzte Räume zu zulassen, dennoch verfügen sie zumeist problemlosen zugriff zu pornografischem Material. Zudem sind Räume in SL entdeckt worden, in denen pädophile Nutzer virtuelle Kinder vergewaltigten. In den geschlossenen Chaträumen werden die perversen Neigungen vieler ohne die Möglichkeit der Überwachung ausgelebt. Die Möglichkeit durch SL dabei die Szenen so realitätsgetreu nach „zu spielen“ lässt viele Nutzer dann vergessen, dass es sich ein Spiel handelt. Zudem werden aggressive Handlungen in das reale Leben transportiert, da die Scham- und Verletzungsschwellen stark herabgesetzt werden.

Und wie am Anfang mit der Anekdote von Heinz beschrieben, führt die übermäßige Nutzung von Second Life bei immer mehr Leuten zu einem Realitätsverlust. Durch die Kreation eines virtuellen zweiten Lebens wird für viele Nutzer ihr reales Leben nebensächlich und lässt sich manchmal wohl auch vergessen, dass sie Teil einer realen Gesellschaft sind, die auf ihr Mitwirken angewiesen ist. Man wird letztendlich wohl kaum noch wissen, welche Welt nun wirklich real ist.

Der Begriff der Identität: Theoretische Grundlage

(von: Sara Rybakow)

„Identität kann nicht als fest stehender Begriff beschrieben werden, sondern ist in Relation zu den wissenschaftlichen Diskursen zu verstehen, vor deren Hintergrund Identitätskonzepte hergeleitet und diskutiert werden“ (Wegener 2010: 55). Hierzu lassen sich traditionelle Ansätze von neueren sozialpsychologischen Konzepten der Identität unterscheiden. Während klassische Theorien die Ich-Identität in den Mittelpunkt stellen, konzentrieren sich neuere Konzepte auf die Entwicklung von Identität in Auseinandersetzung mit der Umwelt (vgl. Bonfadelli/Bucher u.a.: 2008: 24). Weiterführende postmoderne Identitätskonzepte sehen die Auflösung traditionsbestimmter und kulturell vordefinierter Identitätsmuster begünstigt durch den tiefgreifenden Strukturwandel des letzten Jahrzehnts (vgl. a.a.O.: 26). Die folgende Ausführung skizziert kurz die verschiedenen Blickwinkel von Identität.

George Herbert Mead hat 1968 in der Tradition sozialwissenschaftlicher Theorien zur Identität das Verhältnis von Umwelt und Individuum fokussiert. Er versteht Identität als formale Handlungskompetenz: „Identität ist die im Sozialisationsprozess erworbene Fähigkeit, sich mit unterschiedlichen Erwartungen und Rollenanforderungen auseinanderzusetzen, auch wenn diese u.U. mehr oder weniger stark divergieren“ (a.a.O.: 25f.). Die Fähigkeit des Einzelnen zur Rollenübernahme ermöglicht es, sich in der Auseinandersetzung mit dem anderen über die Bedeutung signifikanter Symbole zu verständigen. Verständigung wird möglich, indem sich das Individuum in eine andere Rolle hineinversetzt und versucht, unterschiedliche Handlungen und Perspektiven nachzuvollziehen (vgl. Wegener 2010: 54). Obwohl Meads Annahme signifikanter Symbole heute in Frage gestellt wird, hat er trotzdem laut Wegener einen Ansatz entwickelt, der menschliches Handeln in einem gesellschaftlichen Kontext erklärt

(vgl. a.a.O.: 56).

Als Vertreter der klassischen psychoanalytisch geprägten Phasenmodelle kann Erik Erikson angeführt werden. Diese Modelle befassen sich mit dem Jugendalter als grundlegende Phase für die Entwicklung einer stabilen Identität und mit dem dafür vorausgesetzten erfolgreichen Abschluss der Adoleszenz (vgl. Bonfadelli/Bucher u.a.: 2008: 25). Laut Erikson durchläuft die Identität im Verlauf ihrer Entwicklung mehrere Krisenphasen, die als sogenannte „Entwicklungsaufgaben“ bewältigt werden müssen, um somit eine Garantie für die stabile Identität darzustellen (vgl. Wegener 2010: 56). Zusammenfassend für die Ausführungen Eriksons könnte Folgendes angeführt werden:

„Der Gedanke eines abgeschlossenen Prozesses der Identitätsbildung ist für Eriksons Ansatz somit ebenso zentral wie die Funktion lebenslanger und erstrebenswerter Leitbilder, die es in der Jugendphase zu finden gilt, um sich dann im weiteren Lebensverlauf an ihnen auszurichten.“ (ebd.)

Postmoderne Debatten im sozialpsychologischen Kontext gehen davon aus, dass sich die Identität des Individuums im Austausch mit seiner Umwelt, also der Gesellschaft, entwickelt (vgl. Wegener 2004: 25). Ferner beschreiben sozialpsychologische Ansätze Identitätsentwicklung als „(…) fortlaufenden, nie abgeschlossenen Prozess und sehen Identität damit als Weg und nicht als Ziel“ (Wegener 2010: 56). Damit könnte Identitätsarbeit als lebenslanger Prozess gesehen werden, der heranwachsende Jugendliche ebenso betrifft wie die Generation der Eltern oder Großeltern. Als zentraler Vertreter kann hier entsprechend auf Heiner Keupp verwiesen werden, der sich von der Idee ablöst, dass Identität eine fortschreitende und abschließbare Kapitelbildung darstellt, und die Konstruktion von Identität auch schlicht als „Projektentwurf des eigenen Lebens“ (Keupp 1999: 30; zit. nach Wegener 2004: 21) versteht. Die Identität muss aufgrund der heutigen Gesellschaft, „(…) die die stetige Reflexion des eigenen Standpunktes und fortwährende Neuorientierung verlangt (…)“ (Wegener 2010: 57), als ein permanenter und nie endender Prozess begriffen werden.

Abschließend sei noch der soziale Konstruktivismus zu nennen. Die Idee eines „Kerns“ von Identität wird hierbei von deren Vertretern verworfen und das Subjekt wird ausschließlich in Form eines Nebeneinanders unzusammenhängender Beziehungen konstruiert (vgl. ebd.). Damit wird das Individuum nach Kenneth Gergen „ (…) mit einer Vielzahl unzusammenhängender und beziehungsloser Stimmen konfrontiert, die stets anbieten, in Frage stellen, reflektieren und dem Selbst höchst differente Rollen zuweisen“ (ebd.). Diese Stimmen stellen die immer größere Anzahl von Personen dar, mit denen das Individuum Beziehungen eingeht. Diese Beziehungen können direkte bzw. indirekte Kontakte sein, die durch die neuen Kommunikationsmedien vermittelt werden. Der Einzelne wird nicht mehr in der Lage sein, sich selber zu positionieren, da er eine nicht mehr überschaubare Anzahl an Beziehungen hat (vgl. ebd.). Dieser Zustand wird von Gergen als sogenannte „Gesellschaftliche Sättigung“ beschrieben (ebd.). Ebenso verweist Gergen in diesem Kontext auf die immense Rolle der Massenmedien und hier vor allem auf die aus den Massenmedien resultierenden Medienbeziehungen, die das Beziehungsgeflecht des Einzelnen nochmals dramatisch vergrößern. Wegener fasst Gergens Lösung für das Problem des authentischen Selbst folgendermaßen zusammen:

„Die Lösung des Identitätsproblems kann nach Gergen nur darin bestehen, die Idee von einem identifizierbaren Selbst gänzlich aufzugeben, diesen ausschließlich im Moment der Bezogenheit zu betrachten und die Teilung des Selbst in Multipheren als normalen Zustand zu begreifen“ (ebd.).

Als Fazit ist zu sagen, dass die Identitätsbeschreibungen zwei Grundbemühungen des Individuums enthält, nämlich zum einen die Bemühungen, sich selbst zu erkennen und zum anderen das Bestreben, sich selbst zu gestalten, an sich zu arbeiten und sich zu formen. Demnach sind Selbsterkenntnis und Selbstgestaltung die zwei Prozesse, die Identitätsentwicklung vorantreiben (vgl. Oerter/Montada 2002: 304).


Literatur:

Bonfadelli, Heinz/Bucher, Priska/Hametseder, Christa/Hermann, Thomas/Ideli, Mustafa/Moder, Heinz (2008): Jugend, Medien und Migration. Empirische Ergebnisse und Perspektiven. Wiesbaden: VS.

Wegener, Claudia (2010): Identität. In: Vollbrecht, Ralf/Wegener, Claudia (Hg.): Handbuch Mediensozialisation. Wiesbaden: VS, 55-63.

Wegener, Claudia (2004): Identitätskonstruktion durch Vorbilder. Über Prozesse der Selektion, Aneignung, und Interpretation medialer Bezugspersonen. In: merz – medien + erziehung 48, Nr. 6, 20-31.

Oerter, Rolf/Montada, Leo (2002): Entwicklungspsychologie. Ein Lehrbuch. Weinheim: Beltz.

Weblogs - Medienkritik 2.0?

Inwiefern können Weblogs einen Beitrag zu einer öffentlichen Medienkritik leisten?

Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien“ (Luhmann 2009: 9). Den Massenmedien kommt damit eine wichtige Rolle bei der öffentlichen Meinungsbildung zu. Begriffe wie Agenda-Setting und Gatekeeping beschreiben das Phänomen, dass Medien die Themen und Ereignisse, von denen wir erfahren, aussuchen und auf die Agenda setzen. Was Medienmacher nicht veröffentlichen, wird die meisten Menschen niemals erreichen, geschweige denn interessieren. „Es mögen Fische sterben oder Menschen (…): solange darüber nicht kommuniziert wird, hat dies keine gesellschaftlichen Auswirkungen.“ (Luhmann 2008: 41). Daher ist es nicht unproblematisch, dass die meisten Medien gleichzeitig auch Unternehmen sind und damit nicht nur am Wohl der Gesellschaft, sondern auch an ökonomischen Zielen interessiert sind. Damit sind Medien einem Zielkonflikt ausgesetzt, nämlich der Vereinbarkeit von publizistischer und ökonomischer Rationalität (vgl. Hutter 2009: 11). Da an der demokratischen Grundhaltung der Medien berechtigterweise gezweifelt werden kann, müsste es eine Kontrolle der Medien durch den Staat geben. Da die Medien jedoch die vierte Gewalt eines demokratischen Staatsapparats darstellen, üben sie eine Kontrollfunktion über den Staat aus und sind maßgeblich dafür verantwortlich, wie wir als Staatsbürger unsere demokratischen Funktionen wahrnehmen (vgl. Hutter 2009: 11). Demnach kann es nicht der Staat selbst sein, der Kontrolle über die Medien ausübt. Es muss eine vom Staat unabhängig Kontrollinstanz gefunden werden.

Medienkritik als Kritik der Medien an sich selbst, tritt als fünfte Gewalt an die Stelle einer staatlichen Kontrollinstanz. Medienkritik kann dabei als eine spezielle Form von Medienjournalismus verstanden werden, ergo als Berichterstattung in Medien über Medien (vgl. ebd.: 32). Doch die Idee der medialen Selbstbeobachtung stößt aufgrund der bereits erwähnten doppelten Rationalität schnell an ihre Grenzen. Als zentrale Probleme des Medienjournalismus nennt Andres Hutter die folgenden Beispiele: Eigenwerbung und Konkurrenzschelte, das Problem der Institutionalisierung und das des journalistischen Rollenverständnisses sowie grundsätzliche Probleme der Selbstbeobachtung, wie beispielsweise der blinde Fleck (vgl. ebd.: 33).

Demnach vermag der Journalismus nur bedingt Medienkritik zu üben. Wer aber kann diese Rolle einnehmen?

Weblogs als sechste Macht? Welchen Beitrag können Weblogs zu einer öffentlichen Medienkritik leisten? Und wie verändern Weblogs die journalistische Arbeit?

"Es ist für den einzelnen Redakteur ebenso peinlich, vom Watchblog aufgespießt zu werden wie für die Redaktion. Da werden sich künftig viele mehr Mühe geben, wenn die Gefahr besteht, dass ein kritisches Publikum sich öffentlich über sie lustig macht." (Lorenz-Meyer zit. nach Mzarek 2006).

„Der Journalismus ist für die Gesellschaft viel zu wichtig, als dass man ihn den Journalisten allein überlassen dürfte“ (Wagner zit.nach Trümper 2008: 13) schreibt Hans Wagner in seinem Werk Journalismus mit beschränkter Haftung? Gesammelte Beiträge zur Journalismus- und Medienkritik. Wagners Feststellung gewinnt vor allem aus Perspektive des Internets eine ganz besondere Bedeutung, denn dort bleiben Journalisten – weniger als sonst wo – sich selbst überlassen. In Blogs, Foren und Twitter-Strängen wird das Mediengeschehen analysiert, kommentiert und vor allem kritisiert. Besonders in Form von Weblogs wird die Option genutzt, die „professionelle journalistische Berichterstattung zu beschreiben, zu beobachten, zu bewerten und mitunter auch zu korrigieren“ (Trümper 2008: 13). Kurzum, traditioneller Journalismus wird zur Diskussion gestellt. Durch den Einfluss von Weblogs konstituiert sich demnach eine neue Form der öffentlichen Medienkritik, dies wiederum wirkt sich auf den Journalismus aus, der die Kritik ernst nehmen muss, da er – wie eingangs festgestellt - den Ansprüchen und Erwartungen der Gesellschaft verpflichtet ist. Können Weblogs demnach die Rolle der unabhängigen Kontrollinstanz übernehmen? Können Weblogs als eine Art sechste Macht eines demokratischen Staatsapparats fungieren, indem sie öffentliche Medienkritik üben und dadurch die Lücken des traditionellen Journalismus füllen? Im Folgenden sollen kurz einige wenige Ansätze dargestellt werden.

Im Gegensatz zu den traditionellen Massenmedien ist bei Weblogs der ökonomische Druck vergleichsweise gering, bis gar nicht vorhanden. Sie unterliegen keinem Quotendruck und haben theoretisch allen Platz, den sie brauchen, um eine kontinuierliche Medienbeobachtung zu betreiben. Studien weißen darauf hin, dass die zunehmende Anzahl an Weblogs auf die Defizite in der Berichterstattung zurückzuführen sei (vgl. Hutter 2009: 37). Laut einer Befragung gibt knapp ein Viertel der untersuchten Blogger an, Journalismus und Medien als inhaltlichen Schwerpunkt zu haben (vgl. Hutter 2009: 38). Als besondere Form von medienkritischen Blogs gelten so genannte Watchblogs, welche sich mit einem einzelnen Medium beschäftigen und dieses kontinuierlich beobachten und kritisieren (vgl. ebd.:39). In Deutschland kennt man das Bildblog (www.bildblog.de), welches die BILD-Zeitung zum Objekt hat, als eines der bekanntesten Watchblogs. Gleichzeitig haben verschiedene Befragungen ergeben, dass die Medienjournalisten selbst, Medienkritik nicht als ihre Aufgabe betrachten (ebd.: 36). Zu groß sei die Hemmung, Kollegen zu kritisieren, meinen Donsbach, Beuthner und Weichert, die eine starke Kollegenorientierung unter Medienjournalisten konstatieren (vgl. ebd. zit nach Donsbach 1982 und Beuthner/Weichert 2005). Diesen Part übernehmen die Blogger. Laut einer Studie von Christoph Neuberger sehen sich nämlich die meisten Blogger explizit als Kritiker der Medien (vgl. Neuberger 2005). „Das Einnehmen einer klaren Haltung auf Kosten der objektiven Berichterstattung wird vielerorts als typisch für Weblogs erachtet. Damit dürfte auch die Kritikfähigkeit zunehmen“ (ebd. 2009: 37). Weblogs können also als publizistische Formen definiert werden, die im Internet die Funktion übernehmen, die Produkte des Journalismus zu beobachten, zu bewerten und öffentlich zu kritisieren (vgl. Trümper 2006: 71).