Cyborg

Mensch oder Cyborg?
"Extrem Schön"- Das ist nicht nur der Titel einer Fernsehsendung, in der Menschen mit besonders "gravierenden" Schönheitsmakeln sowohl chirurgisch als auch kosmetisch komplett "überarbeitet" werden. Es ist vielmehr eine Sendung, in der dem Wunsch nach Veränderung des eigenen Körpers nachgegangen wird, um das heutige (medienvermittelte) Schönheitsideal zu erreichen. Es wird gerade in den Medien immer wieder suggeriert, dass man nur erfolgreich sein kann, wenn man das entsprechende Aussehen hat. Neben den vielen Sendung in denen es, ob nun vor- oder hintergründig, um die Veränderung des Aussehens geht, sind Schönheitsoperationen auch immer wieder ein Thema im Zusammenhang mit Stars. Immer wieder wird in den Medien die Frage aufgeworfen, ob bei den Stars alles Natur sei oder sich der ein oder andere mithilfe von plastischer Chirurgie verschönert hat. Anneke Smelik ist im Rahmen der kulturellen Gegebenheiten zu der Feststellung gekommen, dass der Mensch zu einem Cyborg wird (vgl. 2010:102.). Im Folgenden soll die Thematik von dem Überschneidungspunkt des Cyborgs und dem (realen) Menschen in der heutigen Gesellschaft dargestellt werden.


Der Mensch ein Cyborg? Smelik kommt zu diesem Ergebnis, nachdem sie die verschiedenen Typen und die Entwicklung der Cyborgs in Sciencefiction Filmen und die verschiedenen kulturellen Praktiken, in denen es um das Optimieren und Verändern des menschlichen Körpers geht, untersucht hat (vgl. 2010). Der Cyborg kann in diesem Kontext wie folgt definiert werden:
"The cyborg certainly is a postmodern configuration in its hybridity between human flesh and metal or digital material, its wavering between mind and mater, and its volatility between masculinity and femininity."(ebenda: 91.).

Die Entwicklung des Cyborgs in Sciencefiction Filmen spielt insofern eine Rolle, als dass sie nicht mehr nur Angst und Furcht in den Filmen vermitteln, sondern eher in verschiedenen Kontexten zur Geltung kommen. Sie Verkörpern bzw. Vereinen heutzutage vielmehr tiefliegende Wünsche des Menschen, wie z.B. den Wunsch nach Kontrolle. Diese versucht der Mensch mithilfe von Technologie und Wissenschaft zu erlangen. Der Mensch des 21. Jahrtausends ist bestrebt, sein Schicksal selbst zu kontrollieren, weswegen er eine enge Bindung zur Technik eingeht(vgl. ebenda: 102.). Es handelt sich somit um den Versuch, die Natur zu beherrschen und auch wenn dieser Gedanke schon früher, also z.B. bei Bacon zu Zeiten der Aufklärung zu finden ist, nimmt sie im heutigen Zeitalter eine andere Dimension ein. Gerade dieser Wunsch nach Kontrolle mithilfe der Wissenschaft und Technik ist beispielsweise in der Gentechnik oder beim Klonen wiederzufinden.
Smelik hebt hervor, dass der Cyborg mittlerweile nicht nur in der visuellen Kultur, sondern auch in der Alltagspraxis zu finden ist (vgl. ebenda: 102.). Der menschliche Körper kann aus diesem Grund nicht länger allein der Natur zugeschrieben, sondern muss im Zusammenhang mit der Kultur betrachtet werden. Vielmehr kann man sagen, dass sich der menschliche Körper in der technologischen mediatisierten Kultur auf neue Ideale hinwendet und sich von der Natur wegbewegt. Vor allem in den letzten Jahrzehnten haben sich die Körperideale bzw. -standards geändert- sie sind fitter und muskulöser. Dieser Wandel lässt sich gut an einem medialen Vergleich, beispielsweise im Bereich Film, aufzeigen. Smelik hebt in diesem Kontext die Rolle des James Bond hervor, da sich von der ersten bis zur heutigen Besetzung ein Wandel sehr gut darstellen lässt. Somit sind in der Gesellschaft neue Schönheitsstandards zu verzeichnen. In der Populärkultur stehen Fitness und Sexyness im Vordergrund, wobei hier wieder ein Verweis zu den Cyborgs gemacht werden kann, da durch das neue Bild auch dieser mit Attributen wie stark und sexy in Verbindung gebracht wird. Somit sind auch an dieser Stelle Zusammenhänge zwischen dem Menschen und Cyborg erkennbar. Um die heutigen Schönheitsstandards zu erlangen, wird in der kulturellen Praxis Schönheitschirurgie eingesetzt. Also ist an dieser Stelle auch eine Beziehung zwischen Technologie und dem zeitgenössischen Schönheitsideal zu sehen. Hiermit erhofft sich der moderne Mensch das Image von Fitness, Schönheit und Jugend zu sichern. In der heutigen Kultur kann dies aber nicht mehr nur als Privileg für die Reichen und Berühmten gesehen werden (vgl. ebenda: 102.).
Einen weiteren Anknüpfungspunkt stellt Smelik über das Schönheitsideal der Körperbehaarung her, denn in der heutigen westlichen Kultur wird diese sowohl für Frauen als auch Männer tabuisiert (vgl. 2008.). Glatte und schimmernde Haut wird als Ideal gesehen, vergleichbar mit dem metallischen Schein einer Maschine. Smelik sieht gerade durch die sich immer weiter entwickelnden Visualisierungs- und Digitalisierungstechniken einen Zusammenhang zum Verbannen der Körperbehaarung (vgl. ebenda).
Diese neuen technischen Möglichkeiten sind auf der anderen Seite der Grund für den signifikanten Wandel vom Bild des Cyborgs. Wie Anfangs schon erwähnt hat sich der (Hardware-) Cyborg der 1980ern zu einem Software und Wetware hinbewegt, obwohl in der Populärkultur immer noch der Hardware Cyborg das Bild dominiert (vgl. 2010 :91.). Der Hardware-Cyborg ist eine Kombination aus menschlichem Körper und Technologie in Form von Implantationen oder Prothesen. Der Software-Cyborg hingegen ist ein Mensch, der mit einem Computer verbunden ist. Dieser kann z.B., wenn er an den Computer angeschlossen ist, Daten in sein Gehirn hochladen. Der Wetware-Cyborg ist eine Mischung aus digitaler Technologie und einem menschlichen Inneren (vgl. ebenda: 91.).
Auch wenn diese Cyborg-Beschreibungen nicht direkt in die Realität übersetzt werden können, ist trotzdem ein genereller Zusammenhang zwischen Cyborg und Mensch zu erkennen. Auf der zweiten Themenkonferenz von "European Cinema and Young People" 2006 in Amsterdam stellte Anneke Smelik in ihrem Vortrag "Is this for real? The digitalisation of visual culture" z.B. gerade diesen indirekten Zusammenhang dar. Es wurde nämlich unter anderem erläutert, wie die digitale Kultur die visuelle Repräsentation des menschlichen Körpers beeinflusst und transformiert. Dabei wurde festgehalten, dass gerade die zeitgenössische Digitalisierung in der Kultur Konsequenzen auf die Vorstellung der allgemeinen und visuellen Repräsentationen und Simulierung des menschlichen Körpers hat. Die digitale Kultur produziert dabei auf der einen Seite Fantasien eines perfekten Körpers und auf der anderen Seite einen sich auflösenden Körpers. Der Körper wird somit unstofflich und virtuell (vgl. 2006.).
Sehr wichtig erscheint also im Zusammenhang von Cyborgs und dem Menschen die Digitalisierung und somit die Technologisierung der Kultur. Auch Margot Brink schließt sich dieser Auffassung an, wodurch es zu einer "schrittweise[n] Auflösung der Grenzen zwischen Mensch und intelligenter Maschine"(vgl. 2004:184)kommt. Wichtig dabei ist, dass "Die Faszination für die Verschmelzung von Mensch und intelligenter Maschine [...] sich aber keineswegs auf den Sektor der bio- und informationstechnologischen Neuentwicklungen [beschränkt], sondern [...] zugleich ein massenkulturelles Phänomen [ist]."(vgl. ebenda: 184.).

Es kann also abschließend festgehalten werden, dass es zu einer Grenzverwischung durch die neuen Technologien kommt, die auch die Grenzen zwischen Cyborg und Menschen auflöst. Dieses Phänomen spiegelt sich wie anfangs schon erwähnt in den kulturellen Praktiken, wie dem modellieren des menschlichen Körpers, wieder, wodurch der Mensch zu Cyborg wird.

Quellen:
Brink, Margot (2004): Von Cyborgs, Monstern und der Hochkonjunktur der Hybriden in der Theorie. In: Febel, Gisela (Hrsg.); Bauer- Funke, Cerstin: Menschenkonstruktion: künstliche Menschen in Literatur, Film, Theater und Kunst des 19. und 20.Jahrhundert. Göttingen: Wallstein Verlag. 183-202.

Smelik, Anneke (2006): Is this for real? The digitalisation of visual culture. (http://www.ecayp.net/pdf/ftc2_report_smelik.pdf)

Smelik, Anneke (2008): A Close Shave: The Ideal of the Smooth Body in Contemporary Culture in Hamburg). Ringvorlesung: Sexy Media? Gender- Medialität- Kulturalität. (http://www.hans-bredow-institut.de/webfm_send/210)

Smelik, Anneke (Hrsg.)(2010):Cinematic Fantasies of Becoming-Cyborg. In: The Scientific Imaginary in Visual Culture, Band 5.Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 89-104.



von Sarah

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