Autor (Urheberrecht/Originalität)

„Ich habe mich überall bedient, wo ich dachte, das entspricht jetzt der Lebensweise, über die ich schreiben will“, wird Jungautorin Helene Hegemann seitens der FAZ.NET zitiert. Der Artikel befasst sich mit der „Copy-and-Paste-Kultur“ des Internetzeitalters und der damit verbundenen Urheberrechtsdebatte. Die 17jährige Helene Hegemann bringt im Januar 2010 ein viel beachtetes und von vielen Seiten gelobtes Erstlingswerk mit dem Titel „Axolotl Roadkill“ auf den Markt. Bald darauf wird bekannt, dass ganze Textpassagen des Romans aus dem Blog eines Berliner Autors teilweise wortwörtlich übernommen wurden. Mit den Plagiatsvorwürfen konfrontiert, gibt sich die 17Jährige gelassen und „vertritt die Auffassung, dass es keine Originalität mehr gibt, nur Echtheit“ (faz.net). Das bewusste und unveränderte Kopieren geistiger Inhalte ist ein in der „Internetgeneration“ weit verbreitetes Phänomen, die im analogen Bereich gültigen Urheberrechtsbestimmungen können hierbei nur begrenzt angewandt werden.In der Musik besteht das „Klauen“ und Weiterverarbeiten bestehender Werke schon lange und wird beispielsweise im Hip Hop bereits mit analogen Medien (Sampling von Schallplatten) seit den frühen 80er Jahren praktiziert. Im Jahre 1991 kommt es zu einer einschneidenden Veränderung des Musikrechts in Form eines Urteils gegen die Plattenfirma Warner Music Group. Deren Künstler Biz Markie hatte in einem Song Teile eines Stücks von Gilbert O‘ Sullivan verwendet, was zu diesem Zeitpunkt kein neuartiges Vorgehen darstellt. Nichtsdestotrotz urteilt das Gericht, dass hierbei ein Verstoß gegen das Urheberrecht vorliege (illegal-art.org). Seit diesem Zeitpunkt sind Künstler, bzw. deren Plattenfirmen verpflichtet entweder das Sample soweit zu verändern, dass das Originalstück nicht mehr erkennbar ist, oder andernfalls eine Einwilligung des Rechteinhabers des jeweiligen Originals einzuholen. Die Digitalisierung verschiedenster geistiger Inhalte (Musik, Literatur, Fotographie) und die weltweite Verfügbarkeit dieser Daten im Internet vereinfachen die Suche nach Quellen jeglicher Art und deren Aneignung bzw. Weiterverarbeitung. Digitalisierte Inhalte weisen drei Hauptvorteile im Gegensatz zu analogen Medienformen auf: Erstens die Nicht-Abnutzbarkeit, zweitens die Veränderbarkeit und drittens die Reproduzierbarkeit stellen große Vorteile dar und sind Voraussetzung für den weltweiten Datenaustausch. Die Antwort auf die in bekannter Manier reißerisch gestellte Frage der Bildzeitung: „Warum hat die junge Autorin so viel abgeschrieben?“(bild.de) liegt möglicherweise bereits in der Formulierung selbst. Die erst 17jährige Autorin kann man wohl als „digital native“ bezeichnen, d.h. sie ist Teil einer Generation die mit den Gepflogenheiten und Techniken des Internets aufwächst. Wenn auch die juristischen Aspekte seitens des Verlages geklärt werden müssen, so sind bei der Autorin keinerlei moralische Bedenken oder ein etwaiges, nachträgliches Bedauern zu beobachten. Das Copy-and-Past-Phänomen ist längst eine etablierte und akzeptierte Vorgehensweise im Web 2.0.Die Herausforderung liegt nun darin einen Kompromiss zwischen Urheberrechtsschutz auf der einen und künstlerischer Freiheit mit allen modernen (digitalen) Ausprägungen auf der anderen Seite zu finden.
Quellen:

2 Kommentare:

  1. In Sachen Musik-Samples kann man mal einen Blick auf www.whosampled.com werfen. Wer hätte z.B. gedacht, dass Burial in "Archangel" das Intro aus Metal Gear Solid 2 sampled!

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  2. Als kleines Edit: Die Verlage Ullstein (Hegemann) und SuKulTur (Erstverleger von Airens 'Strobo') haben die nachträglichen Kosten von Hegemanns Bereicherung ausgehandelt und Airen hat den Verlag gewechselt - zu finden jetzt ebenfalls bei Ullstein.

    Daraus könnte man vielleicht folgende Kurzdefinition ableiten:

    Bezahlter Textklau = Intertextualität
    Nicht bezahlter Textklau = Plagiat

    (Wenn denn genug öffentliches Interesse für eine solche Bewertung überhaupt vorhanden ist, bei den Texten anderer AutorInnen ist das wahrscheinlich ziemlich egal)

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